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Out of the blue Seite 22-36

Arabische Terroristen im Solde Israels?

Die bisher dargestelllten Fälle haben eines gemeinsam: Wenn Israels Supergeheimdienst einmal seine Finger im Spiel hatte, dann nahm er die Sache auch persönlich in die Hand. Oder er ließ sie doch zumindest durch Personen ausführen, die dem Staat Israel sehr nahe standen, ihm durch Geburt oder Glauben gewogen waren. Das bedeutet aber noch lange nicht, daß wir hier - wie bei den meisten anderen Agentenbiographien - einen Schlußstrich ziehen dürfen. Es hieße die Personalstruktur des Mossad gründlich zu unterschätzen, wenn man denkt, daß Israels Spezialagenten ihr Personal allein aus dem Judentum rekrutieren. Die Arme des Mossad reichen weiter. Viel weiter. Bis in das Lager seiner schärften Feinde hinein.

Nicht wenige arabische Nationalisten, islamische Fundamentalisten und zu allem entschlossene Terroristen stehen wissentlich oder unwissentlich im Dienste des Mossad. Einige wenige in den Führungsetagen sind gekauft. Die Masse jedoch, das ausführende Element, überblickt nicht im entferntesten, wem es letzten Endes zu Diensten ist. Ostrovskys Einblick in diesen Zusammenhang ist, daß "gewöhnlich Araber, die israelische Pläne ausführten, keine Ahnung davon hatten, wo die Pläne in Wirklichkeit ihren Ursprung genommen hatten. Araber, die Operationen gegen Syrien ausführten, dachten oft, daß sie für den britischen Geheimdienst arbeiteten. Und Araber, die Operationen in einigen anderen Ländern ausführten, dachten, daß sie für die Syrer arbeiteten.[13]

Es ist in der Tat kein Wunschdenken, wenn Muslime heute darüber nachsinnen, ob die partikularistischen, zerstörerischen Aktionen bestimmter "Arabischer Terroristen" nicht durch den Israelischen Geheimdienst inspiriert sein könnten.

Nehmen wir die Aktionen des berüchtigten palästinensischen Terroristen Abu Nidal, die vom panarabischen Standpunkt her unerklärbar anmuten. Denn Nidal ermordete gemäßigte Vertreter von Yasser Arafats PLO sowie verschiedener arabischer Regierungen. Gerade in Momenten, wenn die Sache Palästinas Fortschritte zu machen schien. Er zeichnete für blutige Attentate gegen europäische Zivilisten verantwortlich (so auf den Flugplätzen von Rom und Venedig), die das Ansehen des palästinensischen Kampfes in der Weltöffentlichkeit auf ein Minimum reduzierte. Während er "daheim" den Israelis immer wieder durch schlecht getimete Anschläge Anlaß gab, militärisch gegen palästinensische Ziele vorzugehen.

Dieses Bild scheint in sich unschlüssig. Aber nur wenn man außer acht läßt, daß Nidal auf den Gehaltslisten der Israelis stehen könnte. Und genau das scheint auch wirklich der Fall zu sein. So schreiben die neuseeländischen Autoren Ben Vidgen und Ian Wishart mit bezug auf Geheimdienstquellen:
"Bevor man die Idee von sich weist, daß Israels Mossad derart krumme Wege gehen könne, einem arabischen Terroristen zu helfen, um eigene Ziele voranzubringen, sollte man sich folgendes vor Augen halten: Als Ermittlungsbeamte 1991 den Zusammenbruch der (für geheimdienstliche Geldwäschegeschäfte) berüchtigten ´Bank of Credit and Commerce International´ untersuchten, da fanden sie nicht nur Belege dafür, daß der Mossad hier seinen Zahlungsverkehr ablaufen ließ, sondern darüber hinaus, daß Überweisungen von Mossad-Konten an Sri Lankas "Tamil Tigers"-Rebellen und die Organisation Abu Nidals geflossen waren."
Auch der britische Autor David Yallop, der Nidal persönlich traf und interviewte, nährt den Gedanken, daß dieser für Israel arbeitet. "Dabei nimmt er", so Vidgen/Wishart weiter über Yallop
"auf ein Interview mit Abu Iyad Bezug, jenem palästinensischen Terroristen, der für die Planung des Angriffs auf die Olympischen Spiele in München 1972 verantwortlich war. ´Unser Gespräch kam zu dem Punkt, wie Abu Nidals Organisation für viele Jahre durch den Mossad durchdrungen worden war", schreibt Yallop. "Durchdrungen in einem derartigen Ausmaß, daß Abu Iyad, der Kopf des PLO eigenen Geheim- und Abwehrdienstes, mir gegenüber seine Überzeugung zum Ausdruck brachte, daß ständig die von Abu Nidal bestimmten Angriffsziele zuvor vom Mossad ausgewählt worden waren. Als Beispiel einer Mossad-Zielbestimmung führte er Arafats PLO-Gesandten in London, Said Hammami, an. ´Zum Zeitpunkt seiner Ermordung im Januar 1978 befand sich Said Hammami inmitten streng geheimer Unterhandlungen mit Mitgliedern der israelischen Regierung´."
Die Gespräche, sagte der PLO-Chef zu Yallop, waren auf einen Waffenstillstand im Palästinakonflikt und einer Anerkennung des Staates Israel abgestimmt. Dieses Szenario lastete wie ein Fluch auf den Extremisten beider Seiten, die jeden Kompromiß ablehnten.
"´Lange Zeit vor Said´s Ermordung wurde dieser von einer britischen Spezialabteilung gewarnt, daß er auf der Abschußliste des Mossad stand. Sie sagten ihm, ihre Information stamme vom CIA. Said wurde ebenfalls von englischen Sicherheitsbehörden mitgeteilt, die britische Regierung habe die israelische Botschaft gewarnt, daß alle bekannten Mossadagenten des Landes verwiesen würden, wenn die Israelis jetzt ihre Waffen auspacken würden´," sagte Abu Iyad zu seinem Gegenüber. "Die Folgerung war klar", berichtet Yallop: "Verhindert durch die Briten, den Job selbst auszuführen, steckten sie Abu Nidal die Sache zu."
In der Tat - trotz seines öffentlich zur Schau gestellten Hasses gegenüber Israel, richteten sich die meisten Angriffe Abu Nidals und seiner Organisation gegen die PLO und andere arabische Terrorgruppen. Einige Zeit nach seinem Interview mit Yallop wurde Abu Iyad selbst in Tunis ermordet - durch die Abu Nidal-Gruppe.

Ein weiteres Beispiel israelischen Doppelspiels überliefert der frühere Mossad-Agent Ari Ben-Menashe, der berichtet, daß 1985 Israel, und nicht die Palästinenser in Wirklichkeit hinter der Entführung des Kreuzfahrtschiffes Achille Lauro steckte.
"Dabei handelte es sich", so unser Chronist, "in Wahrheit um eine ´Schwarze-Propaganda´-Operation, die zeigen sollte, was für eine mörderische, halsabschneiderische Bande die Palästinenser waren." Ein Palästinenser, der als Doppelagent für den Mossad arbeitete, wurde angewiesen anzuregen, "daß es Zeit sei für die Palästinenser, einen Angriff zu unternehmen und etwas wirklich Erbarmungsloses durchzuführen... Radi (der Doppelagent) richtete Anweisungen an (den Terroristenführer) Abu´l Abbas, der, um diesen Anweisungen auch wirklich Folge zu leisten, Millionen von israelischen Geheimdienstoffizieren erhielt, die sich als Sizilianische Mafia-Dons ausgaben.... Dann stellte Abbas ein Team zusammen, das das Kreuzfahrtschiff angreifen sollte. Dem Team wurde aufgetragen, sich gefährlich zu geben, um der Welt zu zeigen, was für andere ahnungslose Zivilisten auf dem Spiel stand, wenn die palästinensischen Forderungen unbeachtet blieben... Wie die Welt weiß", sagt Ben-Menashe, "griff sich die Gruppe einen älteren amerikanischen Juden in einem Rollstuhl, tötete ihn, und warf seinen Körper über Bord. Sie verbuchte diesen Punkt für sich, aber für Israel war das anti-Palästinensische Propaganda der besten Art." [14]
Aber nicht nur die Israelis paktieren mit Terroristen. Die Vereinigten Staaten tun es ebenfalls. Mit dem vernachlässigungswerten Unterschied, daß "Gods own Land" seine Mesalliancen publikumswirksam vor sich her trägt. Moralisierend bzw. Weltverbessernd, so wie es nun einmal amerikanische Art ist. Das Weiße Haus spart sich auf diese Weise lästiges Versteckspielen und etwaige "Enttarnungen", geht aber zugleich das Risiko ein, daß es angesichts der Wechselhaftigkeit der politischen Wetterlage auf die Vergeßlichkeit der Öffentlichkeit angewiesen ist. Denn aus den verwegenen Komplizen von heute, den "Freiheitskämpfern", können morgen schon Abtrünnige, also "Terroristen" werden.

Die geheimdienstliche Vita Osama Bin Ladens

Beim CIA gibt es häufig Codenamen: Wie Blowback, also Rückstoß. Im eigentlichen Sinne bezeichnet dieses Wort einen Agenten oder eine Operation, der oder die auf ihren Erzeuger zurückschlägt. Osama bin Laden, Amerikas neuer Staatsfeind Nummer eins, ist die Personifikation eines solchen Rückstoßes. Und die Tatsache, daß er von Millionen Menschen in der islamischen Welt als eine Art Held gesehen wird, bestätigt einmal mehr den alten Spruch: Ernte, was Du gesät hast.

Tatsächlich ist bin Laden, wie die britische BBC einräumt, ebenso ein Ziehkind des CIA wie die Taliban.[15] Denn mit der auch seitens des amerikanischen Geheimdienstes betriebenen[16] sowjetischen Besetzung Afghanistans durch die Sowjets im Jahre 1979 ging die "Agency" daran, die fundamentalistischen Splittergrüppchen im Lande zu schlagkräftigen Milizen aufzubauen. Mit viel Know How, Geld und Logistik. US-Quellen zeigen an, daß das Weiße Haus insgesamt 3 Milliarden Dollar in diesem Krieg für das Training und die Ausrüstung der Afghanischen Rebellen ausgab.

Pikanterie am Rande: Diese Zuarbeit erfolgte zu einem Zeitpunkt, da die USA bereits selbst üble Erfahrungen mit dem "islamischen" Terrorismus gemacht hatten. Beispielsweise im Zuge der desaströsen Zerstörung der Marinebaracken von Beirut durch ein Selbstmordkommando. Die hohe Opferzahl unter den US-Marines (241 Tote) führte 1983 zum überstürzten Rückzug Washingtons aus dem Nahen Osten. Das lag im Interesse aller Scharfmacher in der Region. Darunter befand sich auch der israelische Geheimdienst, der ganz genau von den Vorbereitungen des Anschlages wußte. Im Sinne seiner Großraumambitionen hatte es der Mossad aber absichtlich unterlassen, die Amerikaner zu warnen. Weil er sich - zu Recht - von einem "geglückten" Massaker den Abzug der als Bremsklotz empfundenen amerikanischen Friedenstruppen versprach.[17]

Doch zurück zu den vom Pentagon finanzierten islamischen Extremisten: Wie seine CIA-Biographie aussagt, verließ bin Laden Saudi Arabien, um die 1979 in Afghanistan einmarschierte sowjetische Armee zu bekämpfen. 1984 betrieb er dazu eine Frontorganisation namens Maktab al-Khidamar (MAK), die von allen Teilen der Welt Waffen, Geld und Kämpfer in den afghanischen Krieg schleuste. Was die CIA-Bio in ihrer für die Öffentlichkeit zugänglichen Ausgabe zu erwähnen "vergißt", ist die Tatsache, daß die MAK vom pakistanischen militärischen Spionagedienst gefördert wurde, der "Inter Services Intelligence Agency" (ISI), dem wichtigsten Kanal der CIA zur Führung ihres verdeckten Krieges gegen die Moskauer Okkupation. "Es war die verdeckteste und sicherste Art der Kriegführung", schreibt der Londoner "Independent". "Die USA stellten die Mittel zur Verfügung... Sie lieferten auch die Stinger Raketen, welche schlussendlich das Schicksal des Krieges entschieden."[18]

Als das "Geschäft" 1989 mit dem Ausstieg der Russen erledigt war, suchte sich bin Laden ein neues Betätigungsfeld. Oder er wurde diesem von dritter Seite zugeführt. Auf jeden Fall kehrte er in sein Heimtland zurück, um dort aus den Beständen der arabischen Afghanistankämpfer die Radikalsten auszusondern. Diesen Stamm führte er nun einer Terroreinheit zu, die sich mit Beginn des Golfkrieges auch gegen den alten Verbündeten, die Amerikaner, richtete - eine Entscheidung, die den einstmals so gefeierten Helden schnell in Mißkredit bei engen Freunden und Gewährsmächten brachte. In Afghanistan. Und vor allem in Saudi-Arabien, das im Zuge des Golfkrieges immer näher an die Seite Amerikas rückte. Um die Politik seines Vaterlandes nicht zu gefährden, mußte sich bin Laden 1992 nach einer neuen Bleibe umsehen.

Er suchte Schutz im Sudan, wo ihm auch tatsächlich eine Art sicherer Anlaufhafen gewährt wurde. Vielleicht aus Dank warf sich der reiche Neubürger auch sofort auf verschiedene infrastrukturelle Arbeiten. Das klingt eher kon- als destruktiv. Die Sudanesische Regierung hat später verlauten lassen, daß sie ein Abkommen mit den Amerikanern hatte, bin Laden zu kontrollieren und seine terroristischen Aktivitäten herabzusetzen. Im Gegenzug habe der Sudan "Vergütungen" erhalten, die nicht näher spezifiziert wurden. Ob es dieses "Besserungsprogramm" wirklich gab und ob es damals zu den gewünschten Ergebnissen führte, steht dahin. Auf jeden Fall, das ist nicht zu leugnen, befand sich bin Laden in einer Verwahrung, die dem Pentagon die Kontrolle erleichterte.

Es ist vor diesem Hintergrund unverständlich, aus welchem Beweggrund die USA im Jahre 1995 die Sudanesische Regierung zwangen, den (Alt)Terroristen des Landes zu verweisen. Dieser Zug trieb bin Laden nämlich geradewegs in die Arme der immer radikaler auftretenden Talibanmilizen in Afghanistan. Und als ob es darum ginge, ihn zusätzlich in die Arena des Terrorismus zurück zu katapultieren[19], schickten die Amerikaner dem Saudi drei Jahre später ein Feuerwerk der besonderen Art hinterher: Im Jahre 1998 ließ Clinton den Sudan bombardieren. Angeblich, weil in von Laden errichteten Betrieben Kampfstoffe für den Irak hergestellt wurden. Der Luftangriff sorgte damals in den arabischen Ländern für helle Empörung. Weil der Schlag gegen die - offizielle Lesart - Pharmazeutischen Betriebe von Khartoum damals in der Tat die Hälfte der landeseigenen pharmazeutischen Versorgung vernichtete. Als Kollateralschaden. Oder ganz direkt. Und weil die Opferzahlen in die Zehntausende gingen. Obwohl das Weiße Haus damals nicht wußte, ob es von den zerstörten Fabriken eine Verbindung zu bin Laden gab (sie räumten das später selbst ein) - sie behaupteten es. Und beschossen auf dieser Grundlage Camps in Afghanistan, die bin Laden zugeordnet wurden, gleich mit.

Der amerikanische Präsidentschaftsbewerber Lyndon LaRouche unterzog die US-"Raketenpolitik" gegen Asylländer Ladens damals einer ätzenden Kritik, die darin gipfelte, daß er einen Luftangriff auf London forderte. Dort unterhielt der Gejagte nämlich ganz offiziell ein politisches Büro. Und er scheint ein gern gesehener Gast im Lande der Lords und Ladies gewesen zu sein. Die französische Internetpublikation "Indigo" berichtet jedenfalls, daß sich der bärtige Fundamentalistenführer noch im Jahre 1996 als Gast des Britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 in London aufgehalten habe.[20] Mary Anne Weaver, Mittelostjournalistin für den "New Yorker", schrieb währenddessen, daß bin Laden seine Zeit abwechselnd in Khartoum und "London verbringt, wo er über luxuriöse Immobilien verfügt und seinen immensen Reichtum militanten Islamischen Gruppen weltweit zur Verfügug stellt."[21]

Diese Nachricht legt den Finger auf den wahrscheinlich fragwürdigsten Aspekt der britischen Außenpolitik überhaupt. Es ist der Fakt, daß England traditionell bestrebt ist, auswärtige Oppositionskreise für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Das ist schon oft auf dem diplomatischen Parkett kritisiert worden. Und die wechselnden Regierungen Ihrer Majestät erklären dann in schlichter Regelmäßigkeit, England sei als demokratisches Land geradezu dazu verpflichtet, politisch Vertriebenen und Unterdrückten einen sicheren Hafen anzudienen. Das klingt gut, weil liberal. Die Argumentation ging aber schon zu Zeiten von Marx und Engels an den Realitäten weit vorbei. Weil die wohlmeinenden, guten Pluralismusfreunde eben nur einen Teil der politischen Asylanten darstellen. Und weil es eben nur vereinzelt darum geht, diesen Leuten assimilativ eine neue Heimat zu geben. Im Gegenteil wird ein großer Bestandteil dieser Menschen im Dienst der englischen Geopolitik bewußt politisch gehalten, um bei Bedarf entsprechend eingesetzt werden zu können. Und das schließt den Terrorismus ein. London ist Weltdrehscheibe dieses wenig anerkannten Gewerbes. Allein ein gutes Dutzend arabische Terrorgruppen hat in der Themsemetropole Wohn- oder besser gesagt Arbeitssitz genommen.[22]

Nun wäre es ein grobes Versäumnis, würde man einzig den MI6 mit der genannten Politik identifizieren. Sicher, Britannia betreibt sie wohl am längsten und sie hat sie daher auch als erstes perfektioniert. Aber es gab zu jeder Zeit und weltweit gelehrige Schüler, denen es mit Erfolg darum zu tun war, die "Strategie der Spannung" in ihre Apparate zu integrieren. Die Verbindung von Terrorismus und Staat ist seit langem bekannt. In Italien ist das Zusammenwirken mit ultrarechten Kräften wie der Freimaurerloge P2 sowie vermutlich NATO-Gladio-Einheiten längst erwiesen. Und in Deutschland ist mit dem "Abparken" der "2.Juni"-Aktivisten in der DDR unter Duldung westdeutscher Geheimdienste klargeworden, daß auch hier diese Gruppierungen für die politische Meinungsmache und politische Beeinflussung genutzt wurden.

Viele haben gelernt. Auch Israel, wie wir bereits gesehen haben. Gerade was den arabischen Terrorismus anbetifft, gilt der Zionsstaat als unbestrittener Experte, was die Disziplinen "Unterwanderung" und "Instrumentalisierung" anbelangt. Dabei scheint sich gerade in jüngster Vergangenheit eine bemerkenswerte Annäherung an genau jene Kreise "ergeben" zu haben, die heute allerorten als Hauptverdächtige des WTC-Massaker gehandelt und gesucht werden.

Die mißglückte Zerstörung des "World Trade Center" im Jahre 1993

Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, da bin Laden seinen Gesinnungswandel vollzog (und vielleicht auch seine Gönner wechselte), erschütterte zum ersten Mal ein Anschlag das World Trade Center. Der Terroranschlag ereignete sich am 26. Februar 1993. Eine Bombenzündung im Keller des WTC sollte das Gebäude zum Einsturz bringen. Es erscheint fast wie ein Wunder, daß es nicht schon damals zur Katastrophe kam. "Nur" 6 Amerikaner verloren ihr Leben.

Das im eigentlichen Sinne Bedeutsame ist aber aus aktueller Sicht die Tatsache, daß seinerzeit - anders als heute - die vermeintlichen Attentäter dingfest gemacht werden konnten. Oder sagen wir besser Helfershelfer. Wissende und auch weniger Eingeweihte. Bin-Laden-nahe Araber. Wie heute. Was die Sache aber im eigentlichen Sinne spannend macht, ist: Es gibt Punkte, die darauf hindeuten, daß die Israelis involviert waren.

Soweit nachprüfbar, ging der Terroranschlag nämlich damals maßgeblich von Josie Hadas aus, einem Islamisten, der laut "International Herald Tribune" für den Mossad arbeitete.[23] Dieser beschäftigte für seinen vermeintlichen Auftrag zwei Araber, die später verhaftet wurden, Mohammed Salameh und Nidal Ayyad. Zumindest der ernstgenannte - ein Palästinenser - scheint gegen sein Wissen als eine Art "Oswald" in den Fall hineingezogen worden zu sein. Hadas benutzte Salameh als Fahrer. In dieser Eigenschaft wies er ihn an, einen Transportwagen zu mieten, was Salameh auch tat. Offensichtlich war sich der Palästinenser nicht bewußt, was sein Arbeitgeber im Schilde führte, denn er gab bei der Autovermietung blauägig seinen richtigen Namen an. Unmittelbar darauf verschwand der Wagen, in dem der Sprengstoff zur Ausführung des Anschlags transportiert wurde, spurlos. Sofort meldete Salameh das Fahrzeug bei der Polizei als gestohlen. Zweimal. Und wieder persönlich. Sehr zum Ärger Salamehs weigerten sich die Beamten damals aus "formellen" Gründen, die Anzeige zu Protokoll zu nehmen. Einen Tag später kam es dann zu dem Anschlag, bei dem Teile des Autos sichergestellt wurden. Trotz des Anschlags ging Salameh einen Tag später zur Autovermietung, um seine Kaution zurückzuverlangen. Er erhielt einen Teil ausbezahlt, wurde dann aber praktisch an der Türe von der Polizei verhaftet. Besser erging es dem vermeintlichen Drahzieher Hadas, in dessen Appartment die Polizei Kabel sowie Bombenfertigungspläne sichergestellt haben soll. Er ist heute verschwunden. Als herauskam, daß er für den Mossad arbeitete, wurde der in polizeilichem Gewahrsam befindliche Mann stillschweigend nach Israel überstellt.[24]

Die vier Männern, die schließlich in einem Indizienverfahren der Beteiligung an der Bombardierung des WTC schuldig gesprochen wurden, waren alle frisch aus dem Mittleren Osten eingetroffen. Sie hatten keinen Kontakt zur arabischen Kolonie in Amerika, mit Ausnahme zu den Moscheen, in denen der exilierte ägyptische Sheik Omar Abdel Rahman predigte. Hier wurden sie angeblich durch den professionellen Terroristen Ramzi Ahmad Yousef rekrutiert, jenen Mann, der als eigentliche Leitfigur des Anschlags gehandelt wird.

Ramzi Ahmad Yousef´s Operationen schienen sich allesamt gegen die Vereinigten Staaten zu richten. Handelte es sich bei ihm nur um einen freiberuflichen Terroristen, der es fertigbrachte ungewöhnlich schwierige und umfangreiche Intrigen mit geringem Kapitaleinsatz abzuwickeln? Angenommen, daß dem so war, arbeitete er dann für die eher säkularistischen Regierungen in Irak oder Libyen, mit dem Auftrag den Iran oder "Islamisten" zu diskreditieren, indem er im Zuge seiner Aktion einfältige Muslime in die Arme der Polizei laufen ließ? Oder "bediente" er den abtrünnigen saudischen "Islamisten" Osama bin Laden, dessen Hauptgegner neben den Amerikanern die eigene Regierung zu sein scheint. Immerhin, drei Jahre bevor er in den USA ankam, soll Yousef in einem Haus in Pakistan gewohnt haben, für das bin Laden finanziell aufkam.

Vielleicht kamen Geheimdienstspezialisten der Wahrheit vier Jahre nach dem ersten WTC-Anschlag ganz nahe. Die Ereignisse schienen sich nämlich noch einmal zu wiederholen, als New York im Sommer 1997 durch eine Serie scheinbar gerade noch rechtzeitig verhinderter Sprengstoffanschläge in Atem gehalten wurde. Die Presse berichtete damals, daß zwei junge Palästinenser auf dem Weg der Gewalt versucht hätten, die mittlerweile Inhaftierten der ersten Terrorwelle freizupressen. Doch bei näherem Hinsehen schien sich der Fall irgendwann im Nichts aufzulösen. Die ganze Beweiskette zerfaserte zusehens, angefangen von dem Wert der sichergestellten "Bomben" über die "Bekennerschreiben" bis hin zum Täterprofil der Verdächtigen. Die Angelegenheit wurde schließlich deutlich niedriger gehängt, als der Nahostkorresondent von ABC vor laufenden Kameras meldete, daß einer der beiden Palästinenser, Lafi Khalil, wahrscheinlich Informant der israelischen Geheimpolizei sei. Von offizieller israelischer Seite erfolgte kein Dementi.

Der "Washington Report on Middle East Affairs", welcher die vorstehenden Zusammenhänge in einem Spezialreport behandelte, befragte nun den Geheimdienst-Dissidenten Victor Ostrovsky zu seiner Meinung. Und der setzte die Ereignisse von 1993 und 1997 in einen direkten Zusammenhang, seine alten Brötchengeber dabei ganz en passent als Profiteur belastend. "Ostrovsky", schreibt mit Richard H. Curtiss der Hauptschriftleiter des Blatts,
"hält es für unwahrscheinlich, daß die verworrenen Handlungen Yousefs (der am Tag des Anschlags wieder nach Pakistan zurückkehrte) oder die primitiven Bomben, die man im Besitz von Abu Maizer und Khalil fand, tatsächlich darauf angelegt waren, Menschen zu töten. Er glaubt sogar, daß die Lastwagenbombe, die unter den TwinTowers parkiert war, dazu bestimmt war, gefunden zu werden, bevor sie explodierte. Bezeichnenderweise zitiert Ostrovsky bestätigte Berichte, nach denen das israelische Militär im Juli (1997) eine Wiederbesetzung der sieben Städte auf der West-Bank einstudierte, die es den Palästinensern in Übereinstimmungen mit den Bestimmungen von Oslo übergeben hatte. Vor der Marktplatzexplosion in Westjerusalem und der Entdeckung der nicht explodierten Bomben in New York. Bezug nehmend auf den New Yorker Vorfall, sagte Ostrovsky mit einem Lachen, ´Überraschend ist die Dummheit, es zeitlich so nah zu den Ereignissen in Israel zu setzen, sodaß man die Verbindung sehen konnte. Der Hintergrund all dieser israelischen Operationen besteht darin, den Amerikanern zu suggerieren, daß sie im gleichen Boot säßen wie Israel. Glücklicherweise tun sie das aber nicht´."[25]
Das war der Stand vor vier Jahren. Im Gegensatz zu anderen Metropolen der Welt war New York bis dahin gleich mehrmals ein Blutbad erpart geblieben. Erst am 11. September 2001 begann eine neue Zeitrechnung.

Wie hatte Ostrovsky noch im Zusammenhang der nicht explodierten Sprengsätzen geschrieben, die in den 60er Jahren einen Bomben-Empfang für Israels Premierministerin Golda Meir suggerieren sollten?
"In der Tat aber gibt es Elemente im israelischen Mossad, die mehr als erfreut darüber wären, eine solche Sache und auch Schlimmeres auszuführen, und die es beispielsweise im Libanon getan haben, um die Schuld dann anderen Streitparteien zuzuschieben und diese dann gegeneinander kämpfen zu lassen. Sie haben es auch in Saudi-Arabien getan. Nichts geht über ihre Fassungskraft."[26]
Ostrovsky werden seine eigenen Worte heute durch den Kopf gehen. Auch, weil sich im unmittelbaren Vorfeld des New Yorker Anschlag auf seiten Israels wieder einmal die von ihm so ironisch vorgestellten ´militärpolitischen Erfordernisse´ dargeboten haben.
"Anfang August", schreibt Mikhail Jubran für den "Palestine Chronicle" vom 9. Oktober 2001, "wurde ein streng geheimer israelischer Militärplan vorsätzlich an die Öffentlichkeit gegeben. Sein Inhalt: Die Wiederbesetzung aller Gebiete, die durch Yassir Arafats Autäritäten kontrolliert werden sowie die Auflösung ihres gesamten Zivil- bzw. Sicherheitsapparats. Innerhalb von Stunden nachdem der Plan veröffentlicht und in der amerikanischen Presse bekannt gemacht worden war, schickte Außenminister Colin Powell durch den US-Botschafter in Tel Aviv eine Eilmeldung an Scharon. Darin bedrängte er diesen, sich aufreizender Handlungen zu enthalten, die von Amerikas arabischen Alliierten falsch gedeutet werden könnten. (...) Dann kam der 11. September. Und innerhalb von Stunden nach dem Angriff auf die USA rückten israelische Panzer und Infanteriekräfte auf Jericho und Jenin vor. Beide palästinensischen Städte wurden besetzt."
Obwohl die Amerikaner zu dieser Zeit bereits stark durch die Vorgänge in New York und Washington in Anspruch genommen waren, kam es doch noch einmal zu einer Intervention Powells. Es war dies der Gipfelpunkt eines kurzen aber heftigen Zerwürfnisses zwischen dem Weißen Haus und Tel Aviv. Eines Streits, der nach dem "Washington Report on Middle East Affairs" vom 10.10.2001 auch zu starken Spannungen innerhalb der israelischen Regierung führte. Mit Bezug auf die hebräischsprachig sendende israelische Radiostation "Kol Yisrael" schreibt die Zeitung, Peres sei mit Scharon aneinandergeraten. Dabei habe der Außenminister den Regierungschef gewarnt, die Weigerung die unablässigen amerikanische Ansuchen nach einem Waffenstillstand mit den Palästinensern zu beachten, würde israelische Interessen gefährden und "die USA gegen uns aufbringen". An diesem Punkt trat dem Bericht zufolge Scharon wütend auf Peres zu und sagte:
"Jedes Mal, wenn wir etwas unternehmen, sagen Sie mir, die Amerikaner werden dieses oder jenes tun. Ich will Ihnen etwas ganz klar sagen: Machen sie sich keine Gedanken über amerikanischen Druck auf Israel. Wir, die jüdische Nation (the jewish people), kontrollieren Amerika, und die Amerikaner wissen das."
Der Radiomeldung zufolge haben Peres und andere Kabinettsmitglieder Scharon eindringlich gewarnt, seine Aussage in der Öffentlichkeit zu widerholen, da "das zu einem Desaster in den Öffentlichkeitsarbeit führen" müsse.

Drahtzieher des Terrorismus im Mittleren Osten

Als Drahtzieher des jüngsten Massakers werden terroristische Netzwerke Osama bin Ladens bzw. der afghanischen Taliban-Milizen genannt. Stellt sich die Frage: Wie nahe ist Israel diesem Geschehen? Wie präsent ist der israelische Geheimdienst im Mittleren Osten? Oder vielmehr: Wie präsent war er dort kurz vor der Tat? In der Zeit als der Coup vorbereitet worden sein muß. Es gibt zwei interessante Quellen, die uns bei der Beantwortung dieser Frage wichtige Dienste tun können. Ihr Wert ist als hoch zu veranschlagen, weil sie direkt aus der in Frage stehenden Region stammen.




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